Das güldene Eyland

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Das güldene Eyland

Einleitung

Abschrift einer wissenschaftlichen Untersuchung des sagenumwobenen Güldenen Eylands - verfasst von Carolus Ransegger, Priester im Dienste Akbeths:

"Im Westen liegt eine Insel im großen Meer, Das Güldene Eyland, so wird sie genannt. Umgeben von Klippen, von steinigem Sand, dorthin zu kommen, das ist wahrlich schwer!"

So, meine geneigten Leser, beginnt ein Volkslied aus Nubal, welches das geheimnisumwitterte Güldene Eyland beschreibt. Allerdings ist dieses Lied als Informationsquelle ähnlich mit Vorsicht zu genießen wie das Seemannsgarn der Händler, welche angeblich die Insel besucht haben. Aber dennoch werde ich versuchen, hier eine genaue Beschreibung der Insel abzugeben.

Westlich des Carossi-Imperiums ist die Insel gelegen. Zum großen Teil von hohen Klippen umgeben, sorgen starke Strömungen und vorgelagerte Felsen dafür, dass das Eyland von den meisten Schiffen weiträumig umfahren wird. Den Berichten einiger nubalischen Händler nach, liegt aber an der Nordseite eine Bucht, welche vom Meer aus nur schwer zu sehen ist und befahren werden kann. In dieser Bucht liegt eine große Stadt, bewohnt von großgewachsenen, edelmütigen Menschen. Leider scheint es aber so zu sein, dass kein Händler ohne Weiteres die Stadt verlassen darf, weshalb Berichte aus dem Landesinneren sehr vage und ungenau sind. Demzufolge liegen die Bewohner des Eylandes wohl in einem ewigen Krieg mit Tiermenschen, Wesen mit dem Unterkörper eines Pferdes, aber dem Oberkörper eines Menschen. Wenn eine solche Blasphemie wider den Herrn wirklich existieren sollte, so müssen wir froh sein, dass sie nur dort auftritt. Noch unglaublicher allerdings klingen die Berichte über den Mittelpunkt der Insel. Dort würde ein gigantischer See existieren, aus welchem sich eine Ansammlung von erloschenen Vulkanen erhebt. Die Vorherrschaft über dieses Gebiet ist wohl der Grund des Kampfes, denn im Vulkangestein hausen die Götter des Eylands, gigantische, einäugige Wesen mit unglaublichen Kräften. Welche der beiden kämpfenden Parteien die Herrschaft über diese Vulkaninsel erringt, soll von den Zyklopen genannten Monstern zu Halbgöttern erhoben werden. Wie ihr seht, lieber Leser, müssen wir uns das Güldene Eyland als Wohnort von abergläubischen Hinterwäldlern vorstellen, weshalb man über die schlechte Erreichbarkeit der Insel froh sein kann.

Mir kam zu Ohren, dass in Ak-Sidal ein Händler wohnen soll, welcher jahrelang mit dem Eyland Handel getrieben hat. Diesen werde ich demnächst befragen, weshalb ich hoffe, dass ich diese Beschreibung bald erweitern kann.

Akbeth zum Gruße!

Carolus Ransegger


Erlebnisbericht eines Reisenden

der folgende Text ist im originalen Wortlaut aus den Aufzeichnungen von Carolus Ransegger, Priester im Dienste Akbeths

Seid mir gegrüßt, meine geneigten Leser und seid gespannt, denn ich konnte nach langer Suche einen Augenzeugen auftreiben, einen Seemann, der das güldene Eyland besucht hat und zurückgekommen ist. Seine Erlebnisse klingen allerdings so absonderlich, dass man ihm kaum glauben mag. Aber lest selbst:

Der Tag war kalt und neblig, an dem wir in See stießen um eine Ladung Getreide von Tantago, einer schmutzigen, lebhaften Hafenstadt im Kaiserreich, nach Semarkesh zu bringen. So lautete zumindest unser offizieller Reisegrund. Doch dem aufmerksamen Beobachter wäre aufgefallen, dass unser Schiff, die "Blutharpie", doch ein wenig zu schwer bewaffnet für ein harmloses Handelsschiff war. Außerdem, bei der schnittigen Form konnte nicht allzu viel Getreide an Bord sein. Denn wir waren Freibeuter und fuhren unter der schwarzen Flagge, im Geheimen unterstützt von einigen Kaufleuten. Aber wer waren wir? Ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Halsabschneidern und gescheiterten Existenzen aus allen Ecken Ezantohs. Das ging von unserem Kapitän, einem bärbeissigen Dinturan, über unseren Steuermann, einen verschlagen drein blickenden Aswadi, bis hin zu unserem Koch, einem ständig betrunkenen Halbling. Und mit dabei war auch ich, eigentlich ein Stallbursche aus Tiefenfels, den es nach einer kurzen Affäre mit der Tochter eines Adligen nach Tantago verschlagen hatte und der jetzt als Matrose inmitten des größten Haufen Abschaum, den die Meere je erblickten, zur See fuhr. Man hätte sich ja gleich denken können, dass dieser Fahrt kein Glück beschienen war, aber für mich war es die einzige Chance am Leben zu bleiben. Nach einigen durchzechten Nächten in Tantagos Hafenviertel hatten sich so viele Schulden aufgehäuft, dass ich für einige Zeit verschwinden musste. Wir waren kaum ausgelaufen, da begann auch schon ein Streit über das Zielgebiet unserer Unternehmung. Dass uns vor den Elfeninseln ein Sturm erwischte und uns Richtung Feuerinsel blies, sorgte auch nicht gerade für gute Laune unter der Mannschaft. Während einer Flaute, die deutlich länger andauerte als erwartet, war es dann soweit. Der knappe Proviant, der verdächtig gut genährte Koch, die ausbleibende Beute, die ganzen bisherigen Rückschläge hatten die Stimmung so aufgeheizt, dass es zu einer Meuterei kam. Jeder ging seinem Nächsten an die Gurgel, ein Stechen und Hauen ohne Sinn begann. Mit viel Glück konnte ich mich in einem der Beiboote verstecken, wo ich einen guten Überblick hatte. Dort konnte ich sehen, wie der Halblingkoch mit seiner Bratpfanne um sich hieb und wie der Kapitän den Steuermann würgte und über Bord stieß. Doch das ganze Durcheinander endete sofort, als ein lautes Knallen erklang. Der Wind begann wieder zu blasen, die Flaute war vorbei. Wobei sich der Wind gleich als beginnender Sturm entpuppte. Da waren wir also, eine Mannschaft, bei der gut die Hälfte der Männer außer Gefecht gesetzt und deren Steuermann vermutlich schon Futter für die Haie war. Wen wundert es, dass wir schon nach kurzer Zeit jegliche Orientierung verloren und nur noch versuchten, das Schiff über Wasser zu halten? Was freilich einfacher gesagt war als getan. Denn lange dauerte es nicht, bis die ersten Segel rissen und als dann der erste Mast brach, war unser Untergang besiegelt. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich mich an die Reling klammerte, als von vorne noch ganz schwach der Ausruf "Riffe!" ertönte. Dann krachte es auch schon und ich verlor gnädigerweise das Bewusstsein.

Ein ständiges Rütteln und Poltern weckte mich irgendwann später. Mit Mühe konnte ich meine Augen öffnen und versuchte einen Eindruck von meiner Umgebung zu erhaschen, die sich irgendwie wild um mich drehte. Es war schon heller Tag und der Sturm schien sich verzogen zu haben. Scheinbar lag ich auf einem Wagen, an den Füßen gefesselt und zwischen einigen meiner Mannschaftskameraden. Ächzend versuchte ich mich aufzusetzen und einen Blick durch die Planen des Wagens zu werfen. Hinter uns war wohl Kavallerie. In seltsame Gewänder gekleidete Soldaten ritten auf ihren stämmigen Pferden hinter dem Wagen. Nochmals drehte ich mich um und versuchte trotz meiner Fesseln einen Blick nach vorne zu werfen, was mir dann auch gelang. Vor uns war auch wieder Kavallerie, aber was waren das für Zugpferde? Ich versuchte mich zu konzentrieren und die Tiere genauer ins Auge zu nehmen, da drehte eins der "Pferde" seinen Oberkörper und winkte mir zu. Wieder verließ mich das Bewusstsein...

Irgendwann später kam ich dann wieder zu mir, mittlerweile war es dunkel geworden. Ich befand mich in einem Zelt, zusammen mit anderen Leuten. Gefangene? Wo befand ich mich überhaupt? Diese Fragen konnte man mir wohl vom Gesicht ablesen, denn eine krächzende Stimme neben mir sprach: "Auf dem güldenen Eyland bist, mein Freund. Schiffbrüchig und jetzt als Sklave in der Wiege der Zivilisation!" Wieder muss mein Gesichtsausdruck Bände gesprochen haben, denn die Stimme hob wieder an: "Nun, ihr seid wohl in einen Sturm geraten und vor der Küste auf ein Riff gelaufen. Eine Strandpatrouille hat dann die Überlebenden eingesammelt und hier auf den Sklavenmarkt gebracht." Doch tausende weitere Fragen schossen mir durch den Kopf und dies musste in meinem Antwortgestammel klar geworden sein. Mein neuer Freund, der sich als Raschud A'spas aus Nahkpur vorstellte, gab mir eine kleine Übersicht über die Insel, auf die es mich verschlagen hatte. Er selbst sei auf ähnlichem Wege auf die Insel gekommen, das Handelsschiff, auf dem er als Matrose fuhr, wurde von einer Galeere der Zelopythen gekapert und die Mannschaft auf dem Sklavenmarkt verkauft. Zelopythen, so nennen sich die Einwohner von Gaja, dem güldenen Eyland selbst. Die Insel sei eigentlich zweigeteilt, die Küstengebiete seien von Menschen bewohnt, während das Inselinnere von einer gar seltsamen Rasse bevölkert sei. Pferde mit dem Oberkörper von Menschen, den sogenannten Zentauren. Ob mir diese bisher schon aufgefallen wären? Mit Schaudern erzählte ich ihm von der Fahrt und unseren seltsamen Zugtieren. Genau dies wären Zentauren, normalerweise wilde Kämpfer, die aber ebenso wie Schiffbrüchige und Verbrecher versklavt würden. Und obwohl die Sklaverei allgegenwärtig wäre und sich die Zelopythen in einem ständigen Krieg gegen die Zentauren befänden, wäre es in den Städten und ihren Randgebieten sehr friedlich. Und auch die menschlichen Sklaven würden gut behandelt, bekämen gute Nahrung und Misshandlungen wären verpönt. Aber das würde ich ja bald selbst erfahren, denn morgen wäre Sklavenauktion. Da die Stunde schon sehr weit fortgeschritten war, legten wir uns zur Ruhe. Auch wenn ich kaum ein Auge zumachen konnte, so war ich voller Furcht und Erwartungen, was denn der morgige Tag so bringen würde. Am nächsten Morgen wurden wir dann recht unsanft geweckt und noch vor dem Frühstück mit kaltem Wasser abgegossen, schließlich sollten wir auf dem Sklavenmarkt ja eine gute Figur abgeben. Kurz darauf standen wir auch schon auf einem Podest vor dem sich eine gaffende Menge eingefunden hatte. Jubel brandete auf, als ein alter Mann in einer Toga das Podest erkletterte. Mit einem mir unbekannten, aber gut verständlichen Akzent schilderte er dem Publikum den Ablauf der Sklavenversteigerung. Und zwar würde er jeden von uns der Reihe nach seinen Stärken und Erfahrungen befragen, anschließend würden wir dann an den Meistbietenden verkauft werden. Um diese Prozedur, welche für einen Zuschauer vielleicht interessant, für mich als Gegenstand des Interesses aber eher unangenehm war, abzukürzen: ein reicher und einflussreicher Offizier, der auch einen Sitz im Senat innehatte, erwarb mich als Pferdebursche für seinen Landsitz. Denn, wie ich kurz darauf erfuhr, wurde das Eyland von einem gar seltsam anmutenden System regiert. Und zwar konnte hier jeder Bürger mitentscheiden, welche Richtung die politische Entwicklung nahm. Das klingt seltsam? Und doch schien es zu funktionieren. Jeder gebürtige Eyländer, dessen Eltern von zweifelsfrei eyländischer Abstammung waren, erhielt mit seiner Volljährigkeit den Status eines Bürgers, was ihn dazu berechtigte seine Stimme bei Volksentscheiden abzugeben. Ebenso konnte er einen Vertreter für das Gebiet, in dem er wohnte, wählen, auf dass dieser Vertreter für die Interessen seiner Wähler eintrat. Dies geschah im sogenannten Senat, der Versammlung dieser Volksvertreter, welche sich täglich in einem eigens dafür gebauten Gebäude in der Hauptstadt Sedrakus traf. Diese Senatsmitglieder ernannten dann wiederum Vertreter für spezielle Gebiete untereinander und trafen Entscheidungen nach einem Mehrheitsprinzip. Allerdings schien das ganze System auch abhängig von anderen Faktoren zu sein, so etwa vom Reichtum einer vertretenen Region, von einem komplizierten Geschäft mit Gefallen, die man schuldete und natürlich den Truppen, welche zur Verfügung standen. Nachdem mir all das von meinem Freund Raschud erklärt wurde, trennten sich auch schon unsere Wege, denn unsere neuen Herren holten uns ab.

So kam es dann, dass ich die nächste Zeit meines Lebens als Pferdebursche in einer ländlichen Gegend von Gaja verbrachte. Viel zu erzählen gibt es darüber nicht, bis mein Schicksal eines Tages eine andere, glückliche Wendung nahm. Und zwar war es im folgenden Sommer, als mein Gebieter, der Feldherr und Senator Parmenion mit seiner Familie auf dem Land weilte, wo ich weiterhin meinen Dienst versah. Ein reisender Pferdehändler war vorbeigekommen und wollte meinem Herrn seinen neuesten Fang, einen wilden Hengst präsentieren. Doch das Pferd, toll geworden durch die vielen Menschen um es herum, riss sich los und galoppierte auf das nächste Tor zu. Aber, zwischen dem Tier und seiner Freiheit spielte die jüngste Tochter Parmenions im Sand. Bis heute kann ich nicht sagen was mich dazu gebracht hat, doch ich sprintete los und stellte mich mit erhobenen Händen dem Hengst in den Weg. Und, oh Wunder, das Pferd bremste aus vollem Galopp ab und rieb seinen Kopf an meiner Schulter, ganz so als kenne es mich schon seit Jahren. Wie man sich denken kann, war Parmenion mehr als dankbar für die Rettung seiner Tochter, so dass er mir nicht nur den Hengst schenkte, sondern mich auch noch in seinen Haushalt als persönlichen Leibwächter aufnahm. Dies war eine Ehre, wie sie vorher so gut wie keinem Nicht-Zelopythen widerfahren war. So befand ich mich nun in einer äußerst vorteilhaften Position. Mir wurden deutlich mehr Freiheiten geschenkt und meine täglichen Pflichten bestanden nur noch daraus, mich in der Nähe meines Herrn und seiner Familie zu halten um notfalls helfen zu können. Es dauerte auch nicht lange, bis ein zartes Band von Freundschaft zwischen meinem Herrn und mir entstand, welches sich dadurch zeigte, dass er mich ins Vertrauen über seine Pläne und Tätigkeiten zog. Bald schon lernte er auch meinen Rat zu schätzen, den Rat eines ehemaligen Seemanns aus einem fremden Land, der allerdings eine völlig andere, unvoreingenommene Sicht auf das Geschehen in Gaja hatte. So wurde ich dann auch auf die eine oder andere Reise Parmenions mitgenommen.

Eine dieser Reisen führte uns dann in das Landesinnere. Parmenion musste, wie jeder Eyländer, regelmäßig seinen Dienst an der Waffe verrichten. Auf dem Weg zu seinem Einsatzort erklärte er mir das Prinzip des "Wehrdienstes". Ein jeder Einwohner von Gaja, egal ob männlich oder weiblich, musste ein Jahr seines Lebens an der Waffe verbringen Nach der Zeit in der Schule wurden die jungen Leute in Kasernen ausgebildet und verrichteten anschließend ihren Dienst an der Waffe im Grenzgebiet zu den Zentauren. Nach Ablauf dieses Jahres nahmen die Zelopythen ihre Waffen und Rüstung mit nach Hause und widmeten ihre Zeit dem normalen Broterwerb oder dem Studium. Zuerst alle zwei, später dann alle vier Jahre fanden sie sich dann wieder mit ihren Waffen in den Kasernen ein und wurden zu einem dreimonatigen Wehrdienst an die Grenze kommandiert. So wurde sichergestellt, dass Gaia über eine hohe Reserve an trainierten, kriegstauglichen Soldaten verfügte, und im Falle einer feindlichen Invasion kurzfristig auf diese zurückgreifen konnte. Die Effizienz dieser Lösung war wahrlich beeindruckend für mich und da wir noch ein gutes Stück Weg vor uns hatten, fragte ich nach den Zentauren und dem ewigen Krieg mit diesem Volk. Anfänglich antwortete mir Parmenion noch ausweichend, aber dann geriet er immer mehr in Fahrt. Das Thema besaß wohl einige Brisanz bei den Zelopythen. Hinterlistige, grausame Wesen wären sie, diese Mischung aus Mensch und Tier. Nicht im Geringsten friedenswillig, bockig, stur wie Maulesel, nur auf Krieg und Zerstörung aus! Einige Minuten lang schimpfte Parmenion über die Zentauren und überbot sich ständig selbst in den Beschreibungen der Grausamkeiten des Gegners. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, konnte ich ihm vorsichtig Fragen über die Hintergründe des Konfliktes stellen, welche er dann, wenn auch anfangs zurückhaltend, beantwortete. Der Süden Gaias wäre von den Zentauren besetzt, große, dichte Wälder und weitläufige Grasebenen würden dieses Gebiet dominieren. Da die Pferdemenschen ein nomadenartiges Dasein ohne größere Städte und Zentralregierung führten, wären sie in sogenannten Clans vereint. Diese Zusammenschlüsse von Familien würden sich weitgehend autonom verhalten und nur in der unregelmäßigen Zusammenkunft der Clans, dem Garoohn, könnten Beschlüsse gefasst werden, die für alle Zentauren gelten. Dies würde es für die Zelophyten so schwer machen, ihren Erzfeinden einen entscheidenden Schlag zu verpassen. Stoßen die Truppen der Menschen einmal tiefer nach Süden vor, so fehlten Gebiete, deren Einnahme zu einer Kapitulation des Feindes führen würde. Man könne den Feind einfach nicht fassen, Nachschubversorgung wäre dann so gut wie unmöglich und die Invasionsarmee ständigen Angriffen ausgesetzt. So würde sich der ewige Krieg zwischen Zelophyten und Zentauren schon über Jahrhunderte hinziehen, ohne dass eine der beiden Seiten je eine Entscheidung herbeiführen konnte. Auf mein Nachfragen nach dem eigentlichen Grund des Krieges wurde Parmenion wieder vorsichtiger. Aus Andeutungen erfuhr ich von einer Insel in der Mitte des Eylands, auf dem wundersame Wesen, einäugige Riesen, Wache über ein Gebiet von höchster religiöser Bedeutung hielten. Doch mehr war aus meinem Begleiter nicht herauszubekommen, so dass ich das Thema wechselte. Da ich sein persönlicher Leibwächter war, bestand Parmenion darauf, dass ich auch in die Armee aufgenommen wurde, und zwar in seine persönliche Garde. Ich wurde von den besten Lehrern im berittenen Kampf, Schwertkampf und unbewaffneten Kampf unterrichtet. Jeden Tag schaute Parme­nion vorbei, und erkundigte sich nach meinen Fortschritten. Ich trainierte hart, um ihn nicht zu ent­täuschen.

Als etwa die Hälfte der drei Monate vergangen waren, bekamen wir eines Morgens Bescheid, dass Parmenion mit seiner Garde die Kasernen an der Grenze inspizieren wollte. Denn die Gefahr durch die Zentauren war allgegenwärtig, so dass die Eyländer sich keine Nachlässigkeit erlauben konnten. Da Parmenion am Abend wieder zurück sein wollte, brachen wir noch vor dem Morgengrauen auf.

Es war gegen Mittag, als wir zu einem dichten Wald kamen. Die Eyländer wurden nervös, denn der Wald war perfekt für einen Hinterhalt geeignet. Doch wir mussten durch ihn hindurch, denn ihn zu umrunden hätte viel Zeit gekostet. Also zogen wir unsere Waffen und ritten vorsichtig durch den Wald. Lange geschah nichts, und das Ende des Waldes kam schon in Sicht, als plötzlich von allen Seiten Pfeile auf uns zuflogen und schwer gepanzerte Zentauren mit Speeren auf uns zu stürmten. Ich woll­te gerade auf einen der Zentauren zu stürmen, als mein Pferd von einem Pfeil getroffen wurde. Ich wurde abgeworfen und alles um mich herum wurde schwarz.

Das nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass ich auf einem Zentauren ritt. Soweit ich es feststellen konnte, handelte es sich um einen Krieger, denn er trug eine leichte Rüstung. Ich war nicht gefesselt, doch ich trug auch keine Rüstung oder Waffen mehr. Bevor ich mir jedoch weitere Gedanken über meine Situation machen konnte, fiel ich wieder in Ohnmacht.

Ich wachte mitten in der Nacht in einem behelfsmäßigen Bett auf. Über mich gebeugt sah ich den Zentauren, der mich getragen hatte. Er tupfte mit einem feuchten Lumpen meine glühende Stirn ab und sagte mir leise, dass ich nichts zu befürchten habe und mir nichts geschehen werde. Sobald sie zurück im Lager seien, würde sich ein Heiler um mich kümmern. Ich wollte ihm Fragen stellen, doch er bedeutete mir, dass ich weiterschlafen und Kräfte sammeln solle. Ich wollte protestieren, doch bevor ich noch etwas sagen konnte, wurde ich wieder von der Müdigkeit übermannt.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis ich das nächste Mal aufgewacht bin. Doch es war immer noch oder wieder tiefe Nacht und ich befand mich erneut auf einer einfachen Konstruktion, welche mir als Bett diente. Bis auf den schwachen Schein einiger Fackeln war es dunkel. Obwohl ich noch starke Schmerzen hatte und von Kopf bis Fuß mit blutigen Verbänden eingewickelt zu sein schien, fühlte ich mich stark genug, um aufzustehen und mich etwas umzusehen. Ich stellte fest, dass wir uns scheinbar auf einer Waldlichtung befanden. Überall befanden sich Zentauren. Ich konnte 20 von ihnen zählen. Sie alle trugen Waffen und Rüstungen. Einige warfen mir einen kurzen Blick zu, doch ansonsten schienen sie sich nicht für mich zu interessieren. Etwas verwundert stellte ich fest, dass die Zentauren nicht so unbarmherzig zu sein schienen, wie man sich in den Kasernen erzählte.

In der Nähe von meinem "Bett" fand ich den Krieger, welcher mich getragen hatte. Er verarztete gerade provisorisch einen verwundeten Zentauren. Er begrüßte mich kurz und warf einen Blick auf meine Verbände. Dann rief er eine junge Zentaure, welche mich zum Anführer bringen sollte.

Der Anführer, ein riesiger Zentaur in einer schweren Rüstung, die eines Königs würdig war, musterte mich kurz, bevor er mich nach meinem Namen fragte. Ich antwortete ihm wahrheitsgetreu und wollte meinerseits Fragen stellen. Doch er blockte ab und sagte mir, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt wäre. Er würde sich später, sobald sie wieder im Dorf waren und sich einer ihrer Heiler um mich gekümmert habe, Zeit für ein Gespräch nehmen. Außerdem sagte er mir, dass ich mich frei in ihrem Lager bewegen dürfe, mich jedoch weder von ihnen entfernen noch irgendwelche Waffen an mich nehmen dürfe. Dann entließ er mich wieder, und ich ging zurück zu meinem "Bett".

Noch bevor die Sonne aufgegangen war, wurde ich von einem der Zentauren geweckt. Mit der Begründung, dass wir nun zu einem der geheimen Lagerplätze der Zentauren zurückkehren würden, wurde mir eine Augenbinde angelegt, und ich wurde auf den Rücken eines Zentauren gehievt.

Ich konnte nicht feststellen, wie lange oder wohin wir geritten waren, doch nach einer längeren Zeit hielten die Zentauren an. Ich konnte hören, wie ein paar Worte gewechselt wurde, doch es war zu leise, als dass ich einzelne Worte hätte verstehen können. Kurz darauf wurde ich jedoch vom Rücken des Zentauren gehoben und man nahm mir die Augenbinde ab.

Wir befanden uns wieder auf einer Lichtung. Neben den Kriegern, die mich hergebracht hatten, befanden sich noch mindestens 30 andere Zentauren hier: Mütter, die sich um ihre Kinder kümmerten, Zentauren, die irgendwelchen anderen Alltagsaufgaben nachgingen und auch einige wenige Krieger, die nicht mit der Gruppe mitgezogen waren. Obwohl nicht alle Zentauren Krieger zu sein schienen, war doch selbst das kleinste Kind schon bewaffnet. Im Lager konnte man jedoch keine altersschwache oder lahme Zentauren sehen. Auf meine Nachfrage hin wurde mir erklärt, dass sie sich an einem sicheren Ort befinden würden, welcher geheim sei.

Im Lager gab es mehrere einfache "Hütten". In den meisten wurden Vorräte gelagert, um sie vor der Witterung zu schützen. In einer größeren Hütte behandelten die Heiler die Verwundeten. Ich wurde von einem Zentauren zu dieser Hütte geführt. Dort angekommen wechselte er mit einer älteren Heilerin ein paar Worte, bevor er mich in ihre Obhut übergab.

Die Heilerin untersuchte mich ausführlich, wusch die Wunden mit heißem Wasser aus und behandelte sie mit einer Kräutersalbe. Dann verband sie die Wunden erneut und brachte mich zu einem Strohlager, welches mir als Schlafplatz dienen sollte. Es war zwar nur Stroh, doch es war trotzdem ein sauberer Schlafplatz als man ihn in mancher Taverne in meiner Heimat finden konnte. Sie gab mir in einer Tonschale einen Trunk, welcher mir zu einem heilenden Schlaf ohne Alpträume verhelfen solle. Nachdem ich alles ausgetrunken hatte, schlief ich auch schon ein.

Ausgeruht erwachte ich nach ein paar Tagen wieder. Die Heilerin erklärte mir, dass meine Heilung bereits große Fortschritte gemacht hatte und ich wieder reisen könne. Sie erlaubte mir auch, das Bett zu verlassen. Ich verließ die Hütte und wanderte etwas im Lager umher.

Wie üblich nahmen die Zentauren keine Notiz von mir, sondern verübten ihre Arbeiten. Nur der eine oder andere Wächter warf manchmal misstrauisch einen Blick zu mir. Je länger ich im Lager umherstriff und zusah, wie die Zentauren ganz alltägliche Arbeiten verrichteten, desto mehr fragte ich mich, ob das Bild, welches die Zelophyten von ihnen gezeichnet hatten, auch wirklich der Wahrheit entsprach. Denn sie schienen ein ganz normales nomadisches Volk zu sein, wie zum Beispiel die Barbarenstämme der Dinturan.

Nachdem ich eine Weile herumgewandert war, näherte sich mir plötzlich ein Zentaur und bat mich, ihm zu folgen. Er führte mich zu einem großen, bunt geschmückten Zelt und bedeutete mir, einzutreten. Drinnen wartete bereits der Anführer der Zentauren auf mich. Als ich mich ihm näherte, begrüßte er mich höflich. Dann fragte er mich nach meiner Geschichte. Denn, so sagte er, er spüre, dass dies nicht meine Heimat sei und dass das Eyland für mich fremd sei. Ich antwortete ihm wahrheitsgemäß und erzählte ihm von meiner Heimat und wie ich hierhergekommen war. Er hörte sich die Geschichte schweigend an, ohne mich zu unterbrechen. Sobald ich geendet hatte, begann er, von den Zentauren zu erzählen:

"Wir Zentauren sind ein uraltes Volk. Bevor die Menschen diese Insel betraten, lebten wir in großen Städten aus Stein. Wir lebten in Frieden und konnten uns den hohen Künsten und Bildung widmen. Krieg war uns fremd und Waffen benötigten wir nur für die Jagd. Diese für uns goldene Zeit brachte große Dichter, Künstler und Gelehrte hervor.

Doch dann legten eines Tages die Menschen in ihren großen Schiffen an. Wir wussten nicht, wer oder was sie sind und wir wissen auch heute noch nicht, woher sie kamen. Trotzdem schickten wir Gesandte zu ihnen und gaben ihnen viel Land, auf welchem sie leben konnten.

Lange konnten beide Zivilisationen in Frieden miteinander leben, und wenn es nach uns gegangen wäre, wäre das noch heute so, doch die Menschen wollten immer mehr und begannen irgendwann diesen unsäglichen Krieg. Da wir bisher den Krieg nicht gekannt hatten, wurden wir überrumpelt. Unsere prächtigen Städte und Monumente brannten und ein Großteil von unserem Volk starb. Nur Wenige konnten sich retten und waren nun dazu verdammt, in den Wäldern umherzuziehen. Sie konnten nicht mehr lange an einem Ort bleiben, da sie dauernd gejagt wurden. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Im Gegensatz zu unseren Vorfahren haben wir jedoch gelernt, wie man kämpft. Wir haben sogar gelernt, wie man aus Tierleder Rüstungen herstellt. Wir werden die Menschen vielleicht nicht vertreiben können, doch wir werden sie trotzdem bekämpfen, solange wir noch einen Tropfen Blut in uns haben!"

Er hielt kurz inne bevor er fortfuhr.

"Zwar hast du an der Seite der Zelophyten gegen uns gekämpft, doch wir wissen, dass sie dich mit ihren falschen Geschichten getäuscht hatten und so werden wir dich gehen lassen. Wir werden dich an einem Ort weit weg von hier freilassen.

Lebe wohl!"

Die Zentauren gaben mir einen Trank, welcher mich in einen tiefen, traumlosen Schlaf führte.

Als ich aufwachte, befand ich mich in einem Wald. Von den Zentauren war weit und breit nichts zu sehen.

Ich verließ den Wald und schaute nach der Sonne. Ihrem Stand nach zu urteilen war es ungefähr Mittag gewesen. Ich ging etwas herum und fand schließlich eine Straße, welcher ich folgte.

Gegen Abend kam ich in einer kleinen Stadt mit einer Kaserne an. Dort wurde mir berichtet, dass es Parmenion und seiner Garde gelungen war, aus dem Hinterhalt zu entkommen. Er sei bereits weiter geritten, um Verstärkung zu holen und den Wald nach den Zentauren zu durchsuchen. Dann fragte man mich misstrauisch, wie ich einer ganzen Gruppe blutrünstiger Zentauren entkommen konnte. Ich erzählte ihnen die ganze Geschichte. Sie glaubten mir jedoch nicht, sondern warfen mich wegen Hochverrat ins Gefängnis, denn „die Zentauren würden niemanden verschonen, es sei denn, um ihn als Spion gegen die Zelophyten zu verwenden“, sagte mir ein Soldat, während er die Zellentür abschloss.

Ich dachte schon, dass mein Glück mich nun doch noch verlassen hatte, da meine Hinrichtung be­reits für den nächsten Morgen geplant war, als mitten in der Nacht eine vermummte Gestalt leise die Tür öffnete und mich vor das Gefängnis führte, wo bereits zwei Pferde bereit standen. Wir ritten so schnell wie möglich los, um weit weg zu sein, wenn sie meine Flucht bemerken würden.

Nachdem wir die ganze Nacht geritten waren, kam vor uns die Küste in Sicht. Am Strand stand Par­menion und wartete neben einem Schiff auf unsere Ankunft. Er erklärte mir, dass es für mich das si­cherste sei, wenn ich die Insel verlassen und nie wieder zurückkehren würde. Er habe bereits ein Schiff und eine Mannschaft organisiert, welche mich zurück zum Kaiserreich bringen würde. Zum Abschied gab er mir als Dank für meine treuen Dienste eine goldene Halskette mit einem ein­gefassten Rubin. Sie solle mich auf der Reise beschützen, erklärte er. Dann wandte er sich ohne weitere Worte ab, ging zur vermummten Gestalt und stieg auf das Pferd, welches mich hergebracht hatte. Er winkte noch ein letztes Mal, bevor sie fort ritten. Ich sah ihm noch nach, bis er verschwunden war. Dann ging ich auf das Schiff, welches mich schließlich ohne Zwischenfälle zurück zum Kaiserreich brachte.


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